Wie geht Beziehung?

Gottesbeziehung und Verkündigung in diesen Zeiten

Die Diskussionen, ob die Kirchen für unsere Gesellschaft systemrelevant sind oder nicht, haben doch einige in der Kirche erschreckt. Kirche scheint für das Funktionieren unserer Gesellschaft nicht mehr von Bedeutung zu sein. Das ist schon sehr lange so. Jetzt fällt es noch mehr auf. Kirche ist Freizeit und Privatvergnügen. Wer dahin geht, ist eher Randgruppe. Kirche wird mehrheitlich nicht als Fels in der Brandung gesehen. Nice to have.

Verschwörungstheorien ersetzen manchmal die Sinnsuche. Das ist furchtbar und brutal! Auch das ist nicht neu. Hier sind die Kirchen gefordert. Menschen, die Verschwörungstheorien nachlaufen sind auf einem fehlgeleiteten Weg zur Sinnsuche. Offenbar kreuzen sich die Wege überhaupt nicht. Oft ist zu hören, dass die Kirche dazu aufruft, zu den Menschen zu gehen, meistens wird abgewartet, ob jemand den Weg zur Kirche findet. Das können wir doch besser!

Werden Gottesdienste überbewertet?

Welche Auswirkungen hat der Lockdown auf meine Beziehung zur Kirche? Spannende Frage.

Haben wir bisher die sonntägliche Gottesdienstfeier mit Predigt, Gesang, Gotteslob, Fürbitten und dem Abendmahl etwas überbewertet? Diese Frage ist kein Frevel, nur ein Gedanke.

Für meine persönliche Beziehung zu Gott muss ich nicht in die Kirche gehen. Das gemeinsame Feiern des Gottesdienstes in der Kirche und in der Gemeinschaft genieße ich zwar sehr, muss aber akzeptieren, dass es der überwiegenden Mehrheit der Kirchenmitglieder nicht so zu gehen scheint. Die Kirchen sind, gemessen an der Anzahl der Mitglieder zu den Teilnehmenden am Gottesdienst, relativ leer. Wenn von 5.000 etwa 50 bis 150 Sonntags gezählt werden, kann doch die Frage nach dem Stellenwert nicht falsch sein.

In den Wochen des Lockdown 2020 habe ich Kirche in ganz anderer Form kennengelernt. 

Aufbruch nach dem Lockdown

Gemeinsame Gebete, Andachten, Bibelkreise per Videokonferenz – teilweise mit mir bis dahin völlig fremden Menschen aus Hamburg und anderen Orten. Das war großartig und sehr spirituell. Ein Kreuzgang per Telefonansage (Telefonansagen gab es früher für die Uhrzeit, das Kinoprogramm und für Kochrezepte).

Kirche hat mit diesen Formaten Menschen erreicht, von denen zuvor nur wenige Gottesdienste besucht haben. Und dann waren das auch noch ökumenische Veranstaltungen. Das freut mich besonders! Sowohl die Teilnehmenden und die Veranstalter waren von der katholischen oder evangelischen Kirche. Nicht-Kirchenmitglieder waren jedoch genauso beteiligt und gern gesehen. Ich hoffe sehr, dass diese gute und notwendige Beziehungsarbeit – nach Öffnung der Kirchen für Gottesdienste vor Ort – nicht mehr vernachlässigt, sondern weiterhin stattfindet und ausgebaut wird.

Verkündigung ist Dialog

Wichtig ist, dass die Pastoren vor Ort, die jetzt gerade das Internet entdeckt haben, sich nicht wieder zurückziehen, sondern weiterhin online denken und sich und die Gemeinde befähigen, andere Angebote zu machen.

Das meine ich nicht nur technologisch (Videokonferenzen)! Es geht um Themen. Verkündigung ist doch auch ein Angebot für Menschen auf der Suche. Wonach suchen Menschen? Nicht automatisch wird auf diese Frage nach dem Wonach mit „Gott“ beantwortet. Wir können sicherlich bei vielen Antworten deutlich machen, was die Fragen und Antworten der Menschen mit Gott zu tun haben und was Gott in seiner Liebe bedingungslos dafür tut.

Ich erlebe Verkündigung oft als christliche Bildung. Geschichten und deren Bedeutung werden erklärt. Das finde ich gut und sehr wichtig! Das reicht mir aber nicht!

Zuhören. Argumentieren. Erklären. Akzeptieren. Verstehen…

Beziehungen herzustellen beginnt mit kennenlernen. Dazu gehört interessiertes Zuhören. Argumentieren. Erklären. Akzeptieren. Verstehen. Und wieder Zuhören …

In Gottesdiensten hören nur die Besucher*innen zu. Verkündigung ist heute eine Aussendung von Worten und Musik. Es müsste aber ein Dialog sein und kein Vortrag. Ein Dialog zwischen Menschen und ein Dialog mit Gott.

Vielleicht benötigen wir dazu neue Strukturen. Mehr Gruppen, die sich für eine bestimmte Zeit zusammentun, sich dann auflösen und die Menschen sich dann in anderen Gruppen zu anderen Fragen und Themen zusammentun. Ach ja!

Denken wir doch mal drüber nach und machen das dann.

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