Greta und mein SUV

… und was das bedeutet.

Ich dachte immer, ich hätte das richtige Auto gewählt. Auf keinen Fall sollte es ein Diesel sein. Feinstaub und Fahrverbote haben mich abgehalten. Ein E-Auto kam wegen des Preises nicht in Frage. Also Benzin, kleiner Motor, großes Auto, in das bequem eingestiegen werden kann. Gute Sitzposition (mein Rücken, meine sehr alten Eltern). Ein kleiner SUV von Volkswagen. Vom Motor und dem Fahrgestell eigentlich ein Golf. Eigentlich war damit alles gut.

Mein Auto: 155 g/km CO2-Emissionen.

In Worten: Einhundertfünfundfünfzig Gramm CO2 Emissionen pro Kilometer. Ich bin schockiert. Ich bin schockiert darüber, dass ich das nicht beachtet und berücksichtigt habe. Meine E-Klasse-Geschäftswagen (Diesel) mit doppelter PS-Leistung und Hubraum hatten auch nur 165 g/km.

Genug der Überraschung, genug des Ärgers, genug des Jammers! Was tun?

Etwa ein Jahr läuft der Vertrag noch. Bis dahin gilt: Jeden Tag Fahrrad oder S-Bahn nutzen und das Auto so oft wie möglich, stehen lassen. Nein, konsequenter: Das Auto steht grundsätzlich! Es darf aber Ausnahmen geben. Auf Twitter hat es jemand für sich noch konkreter formuliert: 3.300 km/Jahr. Mal sehen, ob das ausreichend ist. Und natürlich in den nächsten Monaten darüber nachdenken, wie es nach Ablauf des Leasingvertrages grundsätzlich weitergeht.

Der erste Satz dieses Artikels war wahrscheinlich schon ein Irrtum. „Ich dachte immer, ich hätte das richtige Auto gewählt.“ Dabei gibt es gar kein richtiges Auto.

Dann kam Greta mit „Fridays for Future“

Ich hatte auch schon den Regierenden nicht mehr zugetraut, dass sie das Thema Klima überhaupt ernsthaft angehen, geschweige denn, einen Weg beschreiten, die Welt zu retten. Ja, tatsächlich, die Welt zu retten.

Was ergibt sich als politische Idee daraus?

Fangen wir doch mal an zu spinnen:

Parkplätze

Ab sofort gibt es auf öffentlichen Straßen und Plätzen in den Städten keine kostenlosen Parkplätze für Autos mit Verbrennungsmotoren (und andere Kraftfahrzeuge) mehr. Jeder Parkplatz kostet eine Gebühr. Elektrofahrzeuge und die mit Wasserstoffantrieb, parken weiterhin kostenfrei. Die Anzahl der Parkmöglichkeiten wird spürbar reduziert, sagen wir um die Hälfte.

Mit dem Rad oder zu Fuß

Der gewonnene Platz wird für Fußgänger*innen und für Fahrräder umgestaltet. Die vorhandenen Velorouten werden ausgebaut. Die Ampelschaltungen orientieren sich an den Bedürfnissen der Fußgänger*innen und Radfahrer*innen. Private Autos fahren im gesamten Stadtgebiet max. 30 Km/h und haben keinen Vorrang mehr.

Zentrum (oder wie es in Hamburg heißt: Centrum)

Die Zentren der Städte werden für alle Fahrzeuge gesperrt. Es dürfen nur noch öffentliche Verkehrsmittel fahren. Also Busse und Taxen. Fahrräder auch. Der Lieferverkehr ist nur noch mit E-Lieferfahrzeugen (siehe DHL oder UPS) oder mit Wasserstoffantrieb erlaubt.

Busse und U-/S-Bahn

Bus- und Bahnlinien werden innerstädtisch ausgebaut. Taktung und Streckenführung werden den Bedürfnissen der Stadtbewohner*innen angepasst.

Pendler*innen

Die Angebote für Pendler*innen werden erheblich verbessert und verlässlich gestaltet. Der Personennahverkehr bekommt deutlich mehr Bedeutung. Wer auf das Auto angewiesen bleibt, erhält Förderungen zum Umstieg auf kleinere und weniger belastende Autos – vielleicht auf E-Autos?

Straßen für wen?

Um das zu finanzieren werden sofort alle geplanten, noch nicht begonnenen Fernstraßenbau- und Straßensanierungsprojekte eingestellt. Neue Straßen werden nur noch nachrangig für Autos gebaut. Fahrräder und ÖPNV first.

Heizungen

Heizungen, die mit Gas und Öl betrieben werden, erhalten eine Übergangsfrist und werden so umgebaut, dass kein CO2 produziert wird. Nach einer Frist, wird der Betrieb untersagt. Natürlich wird auch das gefördert.

Mahlzeit

Ich weiß, die meisten Menschen können sich ein Leben ohne Fleisch nicht vorstellen. Aber weniger und anders produziert darf es schon sein. Die so genannte Tierproduktion ist ein erheblicher Faktor und eine deutliche Reduzierung, mindestens um 50 Prozent, können uns dem Ziel, klimaneutral zu werden, schon in wenigen Jahren näher bringen. Kühe pupsen zwar kein CO2, Treibhausgase, die genauso klimaschädlich sind, aber schon. Zum Tierwohl sage ich hier mal nichts. Traurig genug.

Plastik

Und weil es textlich gerade so sprudelt, kommt der gesamte Verpackungs- und Plastikmist gleich noch dazu. Sie wissen, was ich meine.

Das ist zu radikal und bringt ja doch nichts

Immer wieder lese ich, dass Deutschland nur für 2 Prozent des CO2-Giftes verantwortlich ist und wir gar nichts bewirken können. Wir alleine nicht. Da müssen andere natürlich auch etwas tun. Vielleicht sogar mehr als wir. Na und, wenn die sehen, wie gut wir damit leben und welche Arbeitsplätze dadurch entstanden sind, ist das doch wunderbar. Wer Verbrennungsmotoren baut, kann auch andere Antriebe herstellen. Das ist nur ein Beispiel. Wenn uns die Digitalisierung 4.0 nicht ohnehin etwas ganz anderes beschert.

Ergänzung: Was heißt eigentlich nur 2 Prozent. Wir sind etwa 80 Millionen von 8 Milliarden Menschen. Also sind wir etwa 1 Prozent der Weltbevölkerung. Wir verbrauchen aber Ressourcen, die für 160 Millionen Menschen reichen sollten.

Unsere Tochter ist noch jung. Deshalb muss das für mich alles viel schneller gehen. Deshalb sind radikale Forderungen und wünsche gut so.

Zeit hatten wir genug. Wir haben in diesem Jahrtausend keinen Schritt in die richtige Richtung getan. Das aktuelle Klimapaket der GroKo (21. September 2019) ist ein Plan, der das Scheitern der Regierung und der Industrie dokumentiert. Das passiert, wenn man ausschließlich auf Lobbyist*innen hört und sich mal eben schnell ein paar Pluspunkte verdienen möchte, weil ein junges Mädchen aus Schweden mit der Wahrheit und ihrer Beharrlichkeit nervös macht. Dabei sind die aktuellen Forderungen nicht mehr als das, was bereits erklärtes Ziel der Staaten ist, die an den Weltklimakonferenzen teilnehmen. Nochmal, wen sich Politik zum Sklaven der Industrie machen lässt, ist es gut, wenn dort Nervosität einkehrt.

Die Menschen, die gerne „Wähler“ genannt werden, sind schon viel weiter. Zum Glück werden wir mehr!

Verbote und Gerechtigkeit

Die CO2-Steuer ist den Wohlhabenden egal und belastet Geringverdienende? Das muss nicht sein, wenn die Steuereinnahmen als so genannte Klimapauschale zurückfließen. Wer wenig verdient und auch nur wenig Auto fährt, kann dann sogar mehr Geld als vorher haben. Große und umweltunfreundliche Autos werden ohnehin noch stärker besteuert.

Übrigens, ich bin mir sicher, dass vieles schnell machbar ist. Technologisch. Rechtlich. Nur wollen muss man auch. Jede. Jeder. Politik. Wirtschaft. Du und ich.

Das System heißt übrigens nicht „verbieten“. Es heißt „fordern und gleichermaßen fördern“, also Anreize, Regeln, Alternativen.

Wenn das nichts nützt, müssen auch Verbote her!

Wenn die Förderung schnell und zielgerichtet kommt, kann auch entsprechend gefordert werden. Je besser das funktioniert und angenommen wird, desto eher wird unser Land CO2 neutral.

Auf geht’s, nachdenken und los.

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