Fehlt uns der Kompass?

Mir scheint, bei allen Ängsten und Unsicherheiten geht uns zunehmend die Orientierung verloren, wenn nicht einmal (mehr) klar ist, wer im russischen Angriffskrieg der Aggressor ist.

Zusicherung der Souveränität

Und das ausgerechnet nach dem Budapester Memorandum von 1996, in dem festgehalten wurde, dass die Ukraine als drittstärkste Atommacht der Erde sämtliche Atomwaffen an Russland abgibt gegen die Zusicherung der territorialen Integrität und Souveränität.

Das russische Versprechen war seinerzeit genauso viel wert wie das Wort Putins unmittelbar vor dem Beginn des Angriffskrieges auf die Ukraine, dass die russischen Truppen in die Kasernen zurückbeordert werden. Ebenso wie die russischen Zaren und Stalin pflegt auch Putin den russischen Expansionsdrang und Kolonialismus.

Keine Regeln, kein Respekt

Die flächenmäßige Größe Russlands ist kein ‚Geschenk des Himmels‘! Es ist immer und überall das Gleiche: Diktatoren kennen keine Regeln, keinen Respekt. Dort, wo es um notwendige Hilfe, um‘ s nackte Überleben geht, handelt beispielsweise auch in Syrien der Diktator ausschließlich nach machpolitischem Kalkül. Was heute verlorenzugehen scheint, hat Eugen Drewermann seinerzeit in bemerkenswerter Klarheit formuliert:  

Das muss klar bleiben

„Irgendwo gibt es in all der Dunkelheit und Nacht unseres Lebens einige Dinge, die klar sind und unter allen Umständen klar bleiben müssen: der Respekt, die Ehrfurcht, das Mitleid, das Bekenntnis der Schuld, das Bekenntnis zu der Würde des Menschen, die Überzeugung, dass die Macht in ihrer Zerstörungskraft über Menschen Grenzen haben muss, – all das zählt zu solchen Punkten, die klar bleiben müssen.“ (Drewermann, „Das wichtigste im Leben“ 109)

Nach der gestrigen Debatte im Deutschen Bundestag und auf Grund von unsäglichen Kommentaren – besonders in „ostdeutschen Printmedien“ – zum russischen Angriffskrieg in der Ukraine fehlt mir zunehmend die Gegenrede.

Rudolf Hubert
Schwerin, 9. Februar 2023
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